Modellierung und Simulation

Ein Kernelement des Wasserstoff-Forschungsportfolios des Fraunhofer IWES bildet die Vernetzung der einzelnen Forschungsfelder, was durch zahlreiche Modellierungsmethoden und simulative Analysen unterstützt wird. Außerdem herrscht ein kontinuierlicher Informationsfluss zwischen den einzelnen Themengebieten, von der Mikrostrukturanalyse, den Hydrogen Labs, bis hin zur Leistungselektronik. Die Modellierungen bieten eine Grundlage für Optimierungen und Regelungen sowie die Weiterentwicklung von Regelungskonzepten.

Durch die Zusammenarbeit mit den vielseitigen Testständen, lassen sich die Modelle validieren und in die Anwendung bringen. Dabei deckt das Fraunhofer IWES einen umfangreichen Forschungsbereich von der Simulation der elektrochemischen Vorgänge in den Elektrolysezellen bis hin zur Integration der Gesamtanlage in das Energiesystem ab.
 

Zur Beantwortung von Forschungsfragen in den unterschiedlichen Bereichen werden problembezogene Modelle unterschiedlicher Genauigkeit und in unterschiedlichen zeitlichen Auflösungen herangezogen. Die betrachtete Dimension kann sich im winzig Kleinen wiederfinden, etwa bei der Untersuchung von Mikrostrukturen, aber auch bis hin zu sehr großen Domänen zum Abbilden von Wetterphänomenen reichen, die über Windräder und das Stromnetz auf den Elektrolyseur wirken. Die Zeitskala kann sehr lange Zeiträume umfassen, etwa um Degradation oder den Betrieb bei veränderlichen Wind- und Stromgestehungsbedingungen abzubilden. Die Simulationen gehen aber auch bis hin zu einer Auflösung in Millisekunden, etwa um die Interaktion des Elektrolyseurs mit dem Stromnetz abzubilden.
 

Außerdem werden fortlaufend weitere Kompetenzen, wie zum Beispiel bezüglich der strömungsmechanischen Beschreibung von Fluiden innerhalb des Elektrolyseurs, aufgebaut. Durch die verschiedenen Modellierungsebenen soll das globale Ziel der nachhaltigen und profitablen Etablierung von Wasserstoff im Energiesystem, besonders in Verbindung mit Windenergie, unterstützt werden.

Die Umstellung des heutigen Energiesystems auf dezentrale Erzeugereinheiten mit volatiler Energieerzeugung stellt eine große Herausforderung dar. Durch die Betrachtung des Gesamtsystems soll die Vernetzung von Sektoren und der Einsatz von Wasserstofftechnologien für die Systemstabilität etabliert werden. Dafür werden, ausgehend von der Systemanalyse, die Mechanismen und Zusammenhänge im Netz charakterisiert und mathematisch beschreiben. Dies erfordert eine detaillierte Betrachtung von Energiemärkten und Netzbedingungen. Somit stellt für die Verbindung von Wind und Wasserstoff die detaillierte Modellierung von lokalen Energiesystemen die Grundlage unserer Forschung dar. Diese ermöglicht uns, neue Konzepte für den Netzbetrieb und Systemoptimierung zu entwickeln.
 

Unsere Modelle lassen sich in die Klassen linear, multilinear und nichtlinear einordnen. Für die sehr bekannte lineare Systemklasse stehen enorm viele Reglerentwurfsverfahren und Systemanalysetechniken zu Verfügung. Jedoch lassen sich unsere Systeme hiermit nur eingeschränkt darstellen. In der nichtlinearen Systemklasse können sämtliche Effekte abgebildet werden, jedoch sind nur eingeschränkt Entwurfs- und Analyseverfahren verfügbar. Einen Mittelweg bietet hier die multilineare Systemklasse mit der Möglichkeit, deutlich mehr Effekte abzubilden, jedoch auf der anderen Seite eine systematische Analyse zu ermöglichen.


So werden etwa die hochtransienten elektrischen Vorgänge im Millisekunden-Bereich mit ihrer vollständigen Dynamik abgebildet. Somit kann beispielsweise der Einfluss einer Regelung auf die Oberwellen analysiert werden. Für Untersuchungen von Phänomenen im Minuten-Bereich eignen sich root mean square (RMS)-Modelle und für Auslegungsfragen und Untersuchungen, bei denen regulatorische Einflüsse untersucht werden, können auf elektrischer Seite Lastflussanalysen verwendet werden. 

Windenergie bildet die Basis von Elektrolyse zur Erzeugung grünen Wasserstoffs. Um integrierte Systeme aus Windenergie, Elektrolyse und weiteren Verbrauchern bestmöglich betreiben zu können, ist eine umfassende Optimierung des gesamten Systems notwendig. Das IWES bildet mit Modellen die komplette Kette von großskaligen Windeffekten über die Strömungen innerhalb eines Windparks, die Turbinen mit ihrer Aerodynamik und der Strukturdynamik, ihren Triebstrang und die Betriebsführung bis zur Netzeinspeisung oder Elektrolyse ab. Damit können diese komplexen Systeme vollständig simuliert werden. Dabei kommen unterschiedlich detaillierte Modelle zum Einsatz, sodass das Gesamtmodell genau auf die Fragestellung maßgeschneidert werden kann.

Das IWES entwickelt neben den einzelnen Modellen auch die Simulations- und Optimierungs-Infrastruktur. Dadurch können neben den Modellen des IWES auch Modelle aus speziellen Simulationsumgebungen oder proprietäre, geschützte Modelle eingebettet werden. 

In die Simulation der gesamten Anlagenkonfiguration ist die verfahrenstechnische Modellierung der Wasserstoffsysteme integriert. Dies umfasst neben den Elektrolyse-Stacks die Modellierung der Balance of Plant (BoP) Komponenten, wie die Pumpen, die Gasaufbereitung, den Verdichter und das Wärmemanagement. Ausgehend von der Systemmodellierung lässt sich der Elektrolyseur nicht nur im Betrieb optimieren, sondern auch erweitert betrachten, z. B. inklusive der Wärmeauskopplung für Meerwasserentsalzung oder Heizungssysteme. Außerdem ist die Betrachtung der Dynamik des Gesamtsystems für die Erbringung von Systemdienstleistungen zwingend erforderlich.
 

Somit widmen wir uns, ergänzend zu den obigen Fragestellungen, explizit der Modellierung der einzelnen Anlagenkomponenten und der Integration von Regelungsverfahren zur Reduzierung von schädigenden Betriebszuständen. Die Modellierung der BoP-Komponenten ergänzt dazu die Aktivitäten auf unseren Hydrogen Labs bestens, da besonders in Bremerhaven die Integration einzelner Systemkomponenten möglich ist. Die flexiblen Device-Under-Test Pads erlauben individuelle Testungen von Prüflingen, wie innovativer Wasserstoffverdichter oder Speichersysteme, welche Daten für die Validierung der Modelle liefern.

Elektrochemie und Versuchsplanung

Die kleinste Aktivität bildet die Modellierung der elektrochemischen Zelle bzw. des Stacks. Dabei konzentrieren wir uns sowohl auf eine klassische reaktionstechnische Modelierung, als auch auf die Veränderung der Modellparameter unter ungünstigen Bedingungen. Ungünstige Bedingungen entstehen durch den Elektrolyse-Betrieb mit Windenergie- und Photovoltaikanlagen, sobald es zu Fluktuationen solarer Energien (wie Dunkelflauten) kommt.
 

Modellbasierte Analyse

Die Modelle der Einzelanlagen und die Simulationen der Analgensysteme bauen auf physikalischen und elektrochemischen Zell-Parametern auf. Diese bestimmen wir über modellbasierte Analysen und legen dabei großen Wert auf die Signifikanz und die Konfidenzintervalle der ermittelten Parameter. Um Parameterkorrelationen zu vermeiden, setzten wir verschiedene Modelle und Messdaten ein.

Die Messmethoden umfassen derzeit galvanostatische Polarisationskurven, elektrochemische Impedanzspektren (EIS) und beschleunigte Alterungstests. Eine Erweiterung der Messkompetenzen findet kontinuierlich statt und wird sukzessive in die reaktionstechnische Modellierung übernommen. Weiterhin erfolgt zur Validierung der Abgleich mit mikrostrukturellen Untersuchungen.

 

Versuchsplanung

Damit der Messraum während der Laborexperimente detailliert abgebildet wird, kommen Methoden der Statistik und der statistischen Versuchsplanung zur Anwendung. Derart können diverse Einflussfaktoren präzise, realitätsnah und mit geringem Messaufwand erfasst werden. Die enge Verknüpfung von Datenerhebung und Datenauswertung ermöglicht Rückschlüsse für zukünftige experimentelle Arbeiten und die Ableitung weiterer physikalisch-elektrochemischer Modelle.

 

Anwendungszentrum für Integration lokaler Energiesysteme (ILES)

Die hochtransienten elektrischen Vorgänge im Millisekunden-Bereich werden mit ihrer vollständigen Dynamik abgebildet. Somit kann beispielsweise der Einfluss einer Regelung auf die Oberwellen analysiert werden. Für Untersuchungen von Phänomenen im Minuten-Bereich eignen sich root mean square (RMS)-Modelle und für Auslegungsfragen und Untersuchungen, bei denen regulatorische Einflüsse untersucht werden, können auf elektrischer Seite Lastflussanalysen verwendet werden.