Test & Validierung

Das Fraunhofer IWES sieht sich als entscheidender Wegbereiter der (Offshore-)Windindustrie und hat seit seiner Gründung 2009 Kompetenzen in allen Bereichen der Windenenergie aufgebaut. Ein Schwerpunkt liegt dabei unter anderem auf der Entwicklung, dem Aufbau und dem Betrieb von groß-skaliger Testinfrastruktur für Komponenten von Windenergieanlagen.

Beispiele dafür stellen die einzigartigen Prüfstände wie der Rotorblattprüfstand und das Dynamic Nacelle Laboratory (DyNaLab) zur Prüfung von WEA-Gondeln und elektrischen Vermessungen in Bremerhaven, als auch das Testzentrum für Tragstrukturen in Hannover oder das Testlabor für Großlager in Hamburg dar. 

 

Dadurch hat das Fraunhofer IWES nicht nur fundiertes Know-how im Betrieb von großen Prüfständen erlangt und erhebliche Industrieeinnahmen durch kontinuierlich hohe Auslastung der Prüfstände erzielt, sondern auch tiefgehende Einblicke in den Bedarf von Industriekunden und Erfahrungen mit geeigneten Dienstleistungs- und Betriebskonzepten großer Testanlagen gesammelt sowie daran angepasste Geschäftsmodelle entwickelt.

 

Im Rahmen der Begleitung der Windindustrie auf dem Weg zur Marktführerschaft im Bereich Energieerzeugung hat sich das Fraunhofer IWES für akkreditierte Vermessung von Windenergieanlagen bzw. Komponenten zertifizieren lassen. Außerdem ist das Institut in verschiedensten Gremien und Arbeitskreisen zur Zertifizierung und Standardisierung von Methodiken, aber auch der Technologie, federführend aktiv.

 

Im Rahmen der ganzheitlichen Betrachtung der Energiewende und Energiewendeproblematik hat sich das Fraunhofer IWES schon seit mehr als fünf Jahren mit dem Thema Sektorenkopplung und der weiteren Nutzung der erneuerbaren Energie auseinandergesetzt. Im Rahmen der Dekarbonisierungs-Strategie der Politik und der Umstellung verschiedenster Sektoren auf Wasserstoff war es ein folgerichtiger strategischer Schritt, eine vergleichbare Rolle beim Markthochlauf der Wasserstofftechnologien zu avisieren.

 

Schwerpunkt sollen dabei ebenfalls der Betrieb von großen Testanlagen sein, um aufbauend auf der Erfahrung mit Prüfständen im Windbereich die Nachfrage nach Test- und Validierungskapazitäten für Wasserstoff-Technologien zu bedienen. Hierbei ist der Fokus unter anderem primär auf Fragestellungen, die sich aus dem Zusammenspiel von Windenergie und Wasserstofferzeugung ergeben, wie z.B. die Netzstabilität oder elektrische Verträglichkeit.

 

Gerade in der Wasserstoff-Forschung stellt die rasante Entwicklung der Elektrolyseur-Kapazität die Hersteller vor Herausforderungen, da sich Messverfahren und Testanlagen nicht ohne Weiteres vom Kleinmaßstab in industrielle Dimensionen hochskalieren lassen. Insbesondere die großen Mengen an produziertem Wasserstoff stellen besondere Anforderungen an die Testumgebung.

 

Hinzu kommt, dass nur wenige Hersteller Kompetenzen sowohl im Bereich Elektrotechnik, als auch im Hinblick auf Bau und Betrieb von verfahrenstechnischen Anlagen und schließlich Materialwissenschaften verfügen. Genau diese Lücke will das Fraunhofer IWES füllen, indem passgenaue Testkapazitäten und wissenschaftliches Know-how aufgebaut und der Industrie zur Verfügung gestellt werden.

 

Zu diesem Zweck hat das Fraunhofer IWES die Hydrogen Labs konzipiert. Diese drei Testfelder für Elektrolyseure und den geplanten Markthochlauf der Wasserstofftechnologien, basierend auf grün erzeugtem Strom, setzen jeweils unterschiedliche Schwerpunkte entlang der Wertschöpfungskette.

Hydrogen Lab-übergreifend werden in der Gruppe Analytik standardisierte Material- und Komponententests für PEM und AEM-Elektrolyseure auf Laborebene entwickelt und durchgeführt. Dabei werden vor allem Zellgrößen von 25 und 50 cm2 zur Evaluierung der Performance inklusive begleitender elektrochemischer Materialbewertung herangezogen, z.B. zur Bestimmung der elektrochemischen Aktivität und der Korrosionsbeständigkeit.

Ein wichtiger Aspekt ist dabei die Entwicklung und Evaluierung von beschleunigten Tests (Stresstests), die in kurzer Zeit eine Prognose über das Alterungsverhalten der untersuchten Komponenten zulassen und so einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung leisten. Um Vergleichbarkeit zwischen den Testinfrastrukturen verifizieren zu können, wird ein einheitlicher Forschungs-Stack als Basis für Material- und Fertigungsentwicklungen etabliert.

Fragestellungen, die im Rahmen von Forschungs- und Industrieprojekten bei den großskaligen Tests an den drei Hydrogen Labs auftreten, werden von der Gruppe Analytik im kleineren Maßstab beantwortet und die Ergebnisse an alle Labs gespiegelt. Hierdurch können Struktur-/Wirkungs-Beziehungen aus Laboruntersuchungen auch an großskaligen Anlagen validiert und Fehlerursachen bei großen Anlagen auf Materialeigenschaften und -defekte im Kleinen zurückgeführt werden.

 

Tiefergehende (Mikro-)Strukturuntersuchungen zur Fehlerdiagnostik werden weiterhin in Kooperation mit dem Fraunhofer IMWS durchgeführt. Der Schwerpunkt liegt damit bei der Materialbewertung im Realeinsatz, wodurch Potenziale für die Weiterentwicklung aufgezeigt werden sollen. Die Entwicklung neuer Materialien ist hingegen nicht Bestandteil des Portfolios, sondern liegt bei den Industriepartnern bzw. anderen Fraunhofer-Instituten.

Im Dynamic Nacelle Testing Laboratory (DyNaLab) kann der mechanische Testvorgang durch ein komplettes Modell der Gondel unter Belastungsbedingungen, des DyNaLabs und seiner unterstützenden Systeme abgebildet werden. Der virtuelle Gondelprüfstand kann zudem die Effekte eines elektrischen Tests auf die mechanische Struktur beschreiben. Im Hardware-in-the-loop-Betrieb sind Komponententests und individuelle Systemtests möglich. Bisher unberücksichtigte Schwachpunkte einer virtuellen Gondelprüfung wurden durch die enge Kooperation mit Zertifizierern aufgedeckt und abgestellt.

Der Bereich Rotorblatt hat eine live-Veranschaulichung eines Ganzblatt-Tests entwickelt, die Kunden darüber informiert, welche Daten sie während des gesamten Testablaufs erhalten. An der Modularisierung dieser Visualisierung wird gearbeitet, sie wird auch anderen Institutsbereichen für die Kundenkommunikation zur Verfügung gestellt.

Auch die Digitalisierung der Tragstruktur-Prüfung ist weit vorangeschritten. Die automatische Generierung von Modellen, Test, Simulation und Ergebnisauswertung sowie die Validierung von Testdaten ist möglich. Diese Möglichkeiten führen zu einer Bewertung anhand von definierten Erfolgsfaktoren (KPIs) wie Belastung oder Verdrehung der Tragstruktur und erlauben eine Prüfung, die mittels numerischer Simulation und vollständiger Validierung der Tragstruktur-Dimensionierung über die üblichen Betrachtungen hinausgeht. Der virtuelle Prüfstand für Tragstrukturen ist funktional voll einsetzbar und kommt in verschiedenen Forschungs- und Industrieprojekten zum Einsatz.

Der Großlagerprüfstand bildet digital mithilfe von FE-Modellen eine Anlage ab. Die Modelle wurden in Industrie- und Forschungsprojekten kontinuierlich entwickelt und validiert. Sie werden sowohl für die Test-Vorbereitung als auch in der Nachbereitung eingesetzt. In der vorbereitenden Phase kommen werden analytische Modelle genutzt, um z.B. den erforderlichen Energiebedarf eines Testlaufes zu errechnen. Um diese zahlreichen Simulations-Modelle zu bündeln, werden derzeit Möglichkeiten eines automatisierten Einsatzes diskutiert.